Wechsel der Jahreszeiten

Ich finde es wunderbar, den Wechsel der Jahreszeiten zu beobachten. Wie zum ersten Mal nach dem Sommer der Morgennebel von den Wiesen aufsteigt, wie die Blätter erst langsam von Grün zu Gelb wechseln, um dann in den tollsten Farben zu explodieren, bis dann der erste Morgenfrost kommt und der Welt ein Glitzerkleid anlegt. Dann dauert es nicht mehr lang, bis die Bäume kahl sind und auf den ersten Schnee warten. Ich ziehe dicke Strickpullis an, trinke Tee mit Honig und erfreue mich am Feuer im Kamin.

Ich freue mich immer über Morgennebel, vielleicht weil er mich an meine Kindheit erinnert? Am Bodensee gab es viele neblige Tage, während sie hier am Siljansee eher selten sind. Daher freue ich mich über jeden einzelnen, vor allem, wenn dann die Sonne durchbricht und das bunte Herbstlaub oder den Rauhreif zum Leuchten bringt.

Meine Wochenenden waren in letzter Zeit eher ausgeplant, aber sobald ich eine Autofahrt vor mir hatte, habe ich meine Kamera eingepackt, um jede Gelegenheit zu nutzen, die Schönheit des Herbstes festzuhalten.

Für mich ist der Herbst eine anspruchslose Jahreszeit. Den Sommer muss man – vor allem in einem Land wie Schweden, wo er nur kurz und nicht immer so warm ist – ausnutzen, am besten jede Minute. Man soll ihn genießen, baden gehen, sozial sein, grillen, sonnen, jede Menge unternehmen, verreisen, Sport im Freien machen, lange Abende im Garten oder am See verbringen und so weiter.

Der Herbst dahingegen kümmert sich nicht so darum, was man tut. Man kann durch das raschelnde Herbstlaub spazieren, sich die Herbstsonne auf die Nase scheinen lassen, man kann aber auch daheim auf dem Sofa bleiben und dem Regen zu sehen, ein Kaminfeuer oder ein paar Kerzen anzünden und sich der Gemütlichkeit hingeben. Alles ist erlaubt und da sich das Tempo zum Winter hin schon verlangsamt, kann man es ruhig angehen lassen. Die Bäume werfen ihr Laub auch nicht an einem Tag ab. Kein Grund sich zu beeilen. Desto mehr Grund, sich zu entspannen und es sich gut gehen zu lassen.

Der Herbst hat keine Eile, aber er belohnt einen, wenn man sich die Zeit nimmt, auch zu dieser Jahreszeit genau hinzusehen. Dieses Jahr habe ich zum Beispiel zum ersten Mal einen Nebelbogen gesehen – einen weißen Regenbogen.

Hier habe ich ihn nicht einmal wahrgenommen, sondern erst hinterher auf dem Foto entdeckt. Aber eine Stunde später, beim nächsten Fotostopp, war er nicht mehr zu verpassen. So ein tolles Phänomen!

Wir fühlten uns richtig gehend vom Nebelbogen umringt, er hörte nämlich nicht am Horizont auf, sondern irgendwo zu unseren Füßen. Je nachdem wie sich der Nebel bewegt hat, war er mehr oder weniger sichtbar. Wunderschön!

Sonne und Nebel sind einfach eine unschlagbare Kombination. Dieses Gefühl, wenn sich der weiße Nebel noch vor Sonnenaufgang aus den Wiesen und Wäldern erhebt, über das Wasser gleitet und die Welt in einen weichen, weißen Schleier hüllt, dee dann plötzlich von Silber zu Gold wird, wenn die Sonne aufgeht… das ist ein unbeschreibliches Gefühl!

Sind das nicht wunderschöne Farben?

Hier kam ich auf dem Weg zur Arbeit vorbei und hatte nicht nur das Glück, dass ich im Auto unterwegs war und daher anhalten konnte, es gab auch genau dort Platz, das Auto zu parken. Während hinter mir die Autos und Lastwagen vorbei gebraust sind, bin ich über das knisternde Feld gelaufen, ab und zu von einem Freundensprung unterbrochen und habe alles in mich aufgesaugt. In diesem Moment war ich mir nicht einmal so sicher, ob Schnee tatsächlich noch besser ist als das hier.

Manchmal ist man einfach zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort.

Ich versuche jeden farbenfrohen, silbernen und goldenen Herbstmoment zu genießen und gleiche die kalten Morgenstunden mit warmen und gemütlichen Abendstunden am Kamin aus. Bald beginnt die kahle, dunkle Phase, die mir jedes Jahr schwer fällt. Dieses Abwarten nach der letzten Farbenexplosion des Herbsts bis zum ersten weich glitzernden Schnee. Wenn draußen die Dunkelheit vorherrscht, unterstützt von Regen, Matsch und kahlen Zweigen, die sich zum grauen Novemberhimmel strecken.

Aber ich weiß, dann kommt der Moment – vielleicht wenn ich auf den Zug warte oder in der Mittagspause eine Runde durch das Dorf drehe – wenn ich plötzlich die ersten Schneeflocken vom Himmel fallen sehe. Und die zaubern mir einfach jedes Jahr wieder ein riesiges Lächeln auf das Gesicht. Der erste Schnee! Ich frage mich, wann er dieses Jahr kommt…. Bis dahin freue ich mich über Rauhreif und gefrorene Wasserpfützen, die unter meinen Füßen krachend zerplatzen. Über das letzte Herbstlaub, dass glitzernd zwischen steif gefrorenen Grashalmen liegt. Und über sternenklare Nächte, in denen ich mit etwas Glück wieder die Polarlichter tanzen sehen darf. Der Herbst ist eine gute Zeit.

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