Auf historischen Pfaden in das verlassene Dorf Ejheden

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Vor ungefähr hundert Jahren bricht der Schwede Nils Gyllensvärd auf eine Wanderung in das einsame Dorf Ejheden tief in den Wäldern Dalarnas auf. Mit ihm treten einige weitere Herren sowie zwei mutige junge Damen die mühselige Wanderung mit an. Es regnet, sie verirren sich im Wirrwarr der Pfade, die Stimmung sinkt – und es gibt nur etwas Schokolade zu essen.

Zum Glück unterscheidet sich meine Wirklichkeit stark von dieser Strapaze. Als mutig würde mich wohl keiner bezeichnen, nur weil ich einige Kilometer durch die schwedischen Wälder wandere – ich habe nicht nur Gesellschaft von anderen Wanderern sondern auch noch von einem Wanderguide, der diesen Pfad besser kennt als sonst jemand: Olle von Guidefathers hat diesen in Vergessenheit geratenen Wanderpfad wieder aufgespürt und eigenhändig neu markiert, nachdem er auf Nils Gyllensvärds Wanderbericht sowie eine alte Landkarte gestoßen war. Ein Wirrwarr an Pfaden gibt es heute in diesem Wald nicht mehr und es ist nach dem Verschwinden der Köhler und Waldarbeiter still geworden hier. Der alte Wanderpfad kann nur stellenweise erahnt werden – und dennoch können wir uns aufgrund der neuen Markierungen nicht verirren.

Auch ohne Schokolade ist die Stimmung gut, als wir uns entlang der roten Markierungen den Weg über Stock und Stein und Moos bahnen. Hier fühlt sich der Wald noch richtig wild an und es ist nicht nur einfach, sich vorzustellen, dass hier Elche, Bären und Wölfe frei durch die Wildnis streifen, wir sehen auch ab und zu Spuren dieser Tiere! Hinterlassenschaften von Elchen, Auerhähnen und anderen Tieren liegen am Pfad oder neben einem Baum und wir finden auch Kratzspuren eines Bären an einem Baumstamm. Die Tiere selber lassen sich allerdings nicht blicken, wir sind ihnen zu laut und zu munter.

Kratzspuren eines Bären oberhalb des Wegweisers

Es ist steinig hier im Wald. Große und kleine Steinblöcke liegen zwischen den hohen, schlanken Kiefern und laden zum Klettern oder Verweilen ein.

Der Waldboden ist weich, von Moos und Preiselbeerbüschen überzogen – ein schöner Kontrast zu den rauen Steinbrocken. Die Sonne wirft ihre Strahlen durch die Baumwipfel und wärmt die kühle Frühlingsluft auf. Wir wandern auf und ab durch den Wald und bleiben hin und wieder stehen, um mehr über die uralten Bäume zu erfahren, die es hier immer wieder gibt. Manche davon tragen noch Spuren von alten Waldbränden, andere weisen dunkle Löcher auf, die heute verschiedenen Tieren eine Wohnung bieten.

Die toten Bäume sind die lebendigsten, erklärt Jonas von Sveaskog, der diesen Wald wie die eigene Hosentasche kennt. Sie sind einer der Gründe, warum diese Wälder zum Ekopark Ejheden zusammengefasst wurden – hier gibt es eine besondere Natur, die geschützt werden soll.

Jonas von Sveaskog erzählt über die alten Bäume des Waldes

Am Moor Stormyren machen wir Rast. Die Wanderer verteilen sich in kleine Grüppchen und lassen sich im weichen Heidekraut nieder. Wir genießen die Aussicht, die Sonne und unser leckeres mitgebrachtes Mittagessen von Snitths Hantverksbageri in Furudal.

Wir sind weit weg von jeglicher Zivilisation, selbst zum kleinen Ort Furudal sind es mehr als 20 km Luftlinie. Doch es war hier nicht immer so still wie heute. Vor 100 Jahren sprudelte es vor Leben hier in den Wäldern. Schon bald gelangen wir an das erste Zeugnis dieser Zeit – eine alte verfallene Hütte.

Die Flößerhütte in Amsterdamm

Dieser Ort nennt sich Amsterdamm und könnte sich von seinem Namensvetter nicht mehr unterscheiden. Aber vielleicht gibt es auch Ähnlichkeiten, überlegen wir zusammen mit unserem Guide Olle. Auch hier fließt Wasser, auch hier ist es eher flach. Mehr Gemeinsamkeiten finden wir aber nicht. In der einfachen Hütte hauste früher ein Waldarbeiter, der die Aufgabe hatte, gefällte Bäume gen Süden zu flößen. Wir verlassen Amsterdamm über einen steinigen Damm und balancieren auf ein paar frisch gefällte Baumstämme über den kleinen Bach, der vielleicht oder vielleicht auch nicht an eine Gracht erinnern soll.

Jetzt wird es eine Weile sehr steil, sagt Olle und korrigiert sich kurz später auf „ein bisschen steiler“, vielleicht will er uns nicht abschrecken? Tatsächlich ist die Steigung hinauf auf den Älgkosberget – den Elchkuhberg – gar nicht so schlimm. Als Belohnung erfahren wir ein bisschen über Nils Gyllensvärds Wanderung vor mehr als hundert Jahren und kurz danach werden wir auch mit einer schönen Aussicht über einen der vielen Seen der Umgebung belohnt.

Auf der verbleibenden Strecke zum verlassenen Dorf Ejheden trinken wir aus einer Quelle im Wald und finden die unter Naturschutz stehende Wolfsflechte. Die fühlt sich an alten, trockenen Bäumen wohl, hat eine intensive grünlich-gelbe Farbe und ist für fleischfressende Säugetiere giftig. Früher wurde sie benutzt, um Wölfe und Füchse zu vergiften, daher der Name.

Der Pfad, der jetzt etwas deutlicher zu erkennen ist, führt uns abwärts und schon bald sehen wir den See Stora Ejen durch die Stämme der hohen Kiefern schimmern. Als sich der Wald lichtet, tut sich das Dorf Ejheden vor uns auf. Es sind nur noch wenige Häuser zu sehen, unter anderem das alte Schulhaus, sowie ein alter, öder Friedhof.

In den Sechziger Jahren ist der letzte Bewohner ausgezogen, die Schule wurde bereits 1902 geschlossen. Viel los war hier in der Einöde nie, aber zur Blütezeit des kleinen Dorfes lebten immerhin ca. 100 Personen hier, viele von finnischer Herkunft, die sogenannten schwedischen Waldfinnen. Ein Pfarrer kam einmal jährlich hierher, um Kinder zu taufen und Tote in ihren Gräbern zu weihen. Diese wurden schon vor Besuch des Pfarrers begraben, jedoch mit einer speziellen Vorrichtung am Grab, die es dem Pfarrer ermöglichte, 3 Händevoll geweihter Erde hinein zu schütten. Man musste damals erfindungsreich sein.

Wir lassen den einsamen Friedhof hinter uns und versammeln uns zu einer Fika am Lagerfeuer. Olle holt seine Geige hervor und wir lauschen andächtig, als die alten Lieder über den See hinweg erklingen. Ein schöner Wandertag geht zu Ende.

Wer Lust hat, auf historischen Spuren in der schwedischen Wildnis zu wandern hat, kann die Ejheden Eco Lodge mieten und die Tage wandernd im Wald und angelnd am See verbringen. Fische gibt es hier in Massen – das Versprechen von sagenhaftem Angelglück hat bereits vor mehr als hundert Jahren besagten Nils Gyllensvärd zu einer mühseligen Wanderung in das kleine abgelegene Dorf verlockt. Und wer weiß, ob wir ohne seine Reiseschilderungen den Weg hierher gefunden hätten…

* Die Wanderung wurde von Guidefathers, Green Owl Travel, Näsets Marcusgård und Sveaskog durchgeführt. Ich wurde freundlicherweise von den Veranstaltern eingeladen. Dieser Artikel ist keine bezahlte Auftragsarbeit. Text, Bilder und Ansichten in diesem Artikel sind meine eigenen.

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3 Kommentare bei „Auf historischen Pfaden in das verlassene Dorf Ejheden“

  1. Vackranaturenisverige sagt: Antworten

    Wunderschön beschrieben und ganz tolle Aufnahmen ❤ Ich wäre am liebsten sofort dorthin und den Wald erforschen ❤

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    1. Vielen lieben Dank, so schön zu hören, dass der Artikel die Entdeckerlust in dir weckt! Genau das will ich <3

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  2. […] Wanderpfads sind tiefe Kratzspuren zu sehen. Ich habe solche Spuren schon einmal gesehen, auf einer Wanderung im Frühjahr – es sind Kratzspuren eines Bären. Ein Glück schläft der jetzt friedlich seinen […]

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