Der Winter, der nie enden wollte

Es ist bald Mitte April und die Woche fing mit Schneefall an. Stundenlang hat es geschneit und nach ein paar Stunden konnte ich feststellen, dass der Schnee doch tatsächlich liegen blieb. Das ist für April nicht unbedingt ungewöhnlich – man sagt hier, dass es noch dreimal schneit, nachdem der Schnee vom Winter weggetaut ist, dann kommt der Frühling. Nur – der Schnee vom Winter ist noch lange nicht weggetaut. Bei den Schneemassen nicht verwunderlich – aber so langsam hat wirklich niemand mehr Lust auf Schnee und Kälte, nichtmal eingefleischte Winterfans wie ich.

Am Tag nach dem Schnee kam allerdings die Sonne raus. Und nachdem ich drei Tage wegen Schlechtwetter (und anderen Ausreden), das Haus quasi nicht verlassen habe, habe ich Mattis in den Kinderwagen gesteckt, die Kamera eingepackt (und die Sonnenbrille!) und bin losgegangen Richtung See.

Überall tropfte der Schnee von gestern in glitzernden Wassertropfen von den Zweigen und wurde dabei von der erstaunlich warmen Sonne angestrahlt.

Auch wenn immer noch viel Schnee liegt und sicher noch der eine oder andere Rückfall kommt, der Frühling kündigt sich langsam, aber sicher dennoch an. Und wie jedes Jahr wird er früher oder später gewinnen, wie wir uns hier daheim immer wieder versichern – es geht in die richtige Richtung! An solchen sonnigen Tagen fällt es leicht, das zu glauben und im Körper macht sich Frühlingsstimmung breit. Ich schiebe den Kinderwagen die Straße entlang und strecke das Gesicht lächelnd in die Sonne. Mache sogar die Jacke ein bisschen auf (der Schal ist schon nach 50 Metern im Kinderwagen verstaut worden). Die dezente Wärme der Frühlings(winter)sonne tut gut.

Die Natur erwacht nach dem langen Winterschlaf wieder und mit ihr auch meine Entdeckerlust. Jetzt juckt es mich in den Fingern. Ich will wieder in den Wald! Über Waldpfade laufen und dabei Wurzeln und anderen Hindernissen ausweichen. Den Anblick von Moos, Preiselbeerbüschen und Bäumen genießen. Den Duft von Sonne auf sandigen Waldwegen in mich einsaugen. Den See durch die Bäume glitzern sehen.

Noch liegt er unter Eis und Schnee begraben, aber bald spiegelt er sich im Himmel wider. Wenn der Schnee verschwindet, tut sich hier ein riesiger Strand auf. Momo rennt hier gerne mit sich selbst um die Wette und auch ich freue mich jedes Jahr auf den Strandspaziergang, bevor dann der Wasserspiegel wieder steigt.

Während ich den Kinderwagen durch die Schneereste schiebe, sehe ich den Frühling und den Sommer vor mir. Jetzt, wo ich nicht arbeiten muss, will ich diese Zeit optimal ausnutzen und so oft wie möglich draußen sein, neue Wanderwege entdecken und alte Lieblingswege wieder zu treffen. Zuhause liegt schon ein Babytragetuch herum und eine Freundin will mir ihre alte Kindertrage vermachen. Damit sind Mattis und ich dann hoffentlich für alle kommenden Abenteuer gut ausgestattet. Aber bis dahin müssen wir uns noch etwas gedulden – das fällt mir dieses Jahr schwer.

Aber die Frühlingszeichen werden mehr und mehr. Der Plan ist es, jeden Tag das Tragetuch zuhause zu benutzen und so meinen Rücken zu stärken und die richtige Bindetechnik zu lernen. Mattis kann sich so schon mal an das Tragen gewöhnen. Und wenn die Waldwege auftauen, sind wir bereit. Zunächst erkunden wir sicher die Nahgebiete – Brunnsmyren, Vinäsgraven und den Törnqviststigen – drei nahe und nicht so anspruchsvolle Strecken. Darüber hinaus gibt es noch so viele Wanderwege und Orte, die ich dieses Jahr erforschen will. Zum Glück haben sich dieses Jahr schon einige Besucher angekündigt, das motiviert immer extra, neue Gegenden und alte Favoriten zu erforschen. Dieses Jahr steht – mal wieder – Njupesskär, Schwedens höchster Wasserfall, auf meiner Wunschliste. Aber auch die Banannarunde und mindestens eine Wanderung mit richtig schöner Aussicht – vielleicht auf den Ärtknubben?

So oder so, ich brauche jetzt eine große Portion Natur. Und die will ich gerne mit Mattis teilen. Er wird in einer Zeit aufwachsen, wo Naturerlebnisse vielleicht nicht mehr so selbstverständlich sind wie noch in meiner eigenen Kindheit. Und auch wenn ich als Kind selbst vielleicht nicht immer begeistert von Ausflügen in die Natur war, bin ich mir sicher, dass sie dennoch für meine heutige Liebe für die Natur mit verantwortlich waren. Und diese Begeisterung möchte ich gerne an Mattis weitergeben. Technik, Elektronik, Autos usw. wird er ohnehin genug erleben, daher möchte ich ihm die Stille zeigen, das langsame Wachsen der Bäume, die kleinen Welten im Moos und den endlosen Himmel über den Baumwipfeln. Ich denke, diese Erfahrungen werden ihm in der schnellen Welt, in der er aufwachsen wird, gut tun – genau wie uns anderen auch.

 

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