Walpurgisnacht

In der Nacht zum 1. Mai werden in ganz Schweden große Feuer angezündet. Seit ich in Schweden wohne, hätte ich das Spektakel also schon 7 Mal miterleben können. Aber ebenso sicher, wie das Feuer angezündet wird, ist eigentlich immer schlechtes Wetter. Um die 0 °C, Regen oder Schnee oder beides und als i-Tüpfelchen noch ein eiskalter Wind. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass mich dieses Sauwetter immer davon abgehalten hat, tatsächlich bei einem Feuer vorbei zu schauen, auch wenn ich es nocht 2 Stunden vorher fest vorhatte. Die meisten Maifeuer haben wir daheim in unserem Kamin angezündet.

Aber dieses Jahr – endlich! – gab es schönes Wetter. Sonne, um die 10 °C und der Wind war auch nicht weiter wild. Da meine Jungs daheim aber angeblich schon so viele Maifeuer gesehen haben, dass das nicht mehr interessant ist, habe ich Mama in Utanmyra Gesellschaft geleistet. Das muss ohnehin eine der Stellen sein, die dafür rein optisch am besten geeignet sind.

Dort wird das Feuer nämlich direkt am Strand aufgehäuft, mit grandioser Aussicht im Hintergrund. Mama konnte schon die Tage vorher beobachten, wie alle Nachbarn im raschen Takt mit Anhängern voller Zweige, Äste usw. zum See gefahren sind. So ein Feuer zur Walpurgisnacht ist schließlich nicht nur eine Möglichkeit zum netten Zusammensein (und Würstchen grillen), sondern auch zum Aufräumen im heimischen Garten.

Pünktlich um 20 Uhr wurde das Feuer entzündet, nicht nur bei uns, sondern auch an anderen Stellen am Seeufer, die wir von Utanmyra aus sehen konnten.

Eine von Mamas Nachbarinnen, eine ehemalige Theaterschauspielerin und Regisseurin, hielt eine kleine Rede, um die Walpurgisnacht einzureden. Hinterher meinte sie zu uns, dass das Anzünden der Feuer schon so lange Brauch sei, dass keiner mehr weiß, warum man es eigentlich tut. Aber alle tun es.

Ich habe allerdings vorher mein Wissen nochmal im Internet aufgefrischt (es lebe Wikipedia) und dabei gelernt, dass Walpurgis eine Frau war, die von der katholischen Kirche am 1. Mai heilig gesprochen wurde, und daher ihr zu Ehren am 1. Mai die Walpurgismesse gelesen wurde. Die Feuer gab es natürlich schon vorher, weshalb die Kirche versuchte, diese heidnische Tradition in kirchliche Bahnen zu lenken. Wenn man aber mal von der Tradition der ketlischen Beltainefeuer absieht, hatten die Feuer die symbolische Bedeutung, die den Frühling einläutete. Der Winter und alles Alte wurde verbrannt und Platz für Neues gemacht. Und die Bedeutung ist geblieben (genauso wie der Name), auch wenn es sich heute vielleicht hauptsächlich um das Beseitigen von Gartenabfällen handelt. Wer Walpurgis war, weiß heute jedenfalls keiner mehr.

Wozu sich auch mit uralten Traditionen aufhalten, wenn man sich an einem übergroßen Feuer wärmen , frisch gegrillte Würstchen genießen kann oder wie die Kinder Steine ins Wasser und Äste ins Feuer werfen kann. Eine simplere Lebensfreude gibt es doch kaum.

Während wir Erwachsenen ruhig da standen, den Sonnenuntergang und die Würstchen genossen und ein paar nette Worte mit diversen Nachbarn wechselten, gingen die Kinder ihren pyromanischen Urinstinkten nach.

Die Natur ließ sich nicht lumpen und bescherte uns einen wunderschönen Abendhimmel mit Sonnenuntergang, der noch lange nachwirkte.

Während die kühle Nachtluft Einzug hielt, rückten wir näher ans Feuer und drehten uns ab und zu um, um strategisch den ganzen Körper zu wärmen.

Als das Feuer dann fast ausgebrannt war, haben wir dem See den Rücken gekehrt und sind zurück zum Haus gewandert.

Obwohl es schon fast 22 Uhr war, war es immer noch dämmrig. Jetzt beginnt wirklich die helle Zeit des Jahres, die rund um die Uhr mit Licht und schöner Stimmung aufwartet. Laut Mamas Nachbarin war es ein blauer Abend – ein Abend, an dem das Licht alles in einen Blauton hüllt.

Und tatsächlich, wie schon beim letzten Mal musste ich an der Brücke das Auto parken und die Blautöne des Abends in mich aufsaugen. Der Wind hatte sich schon schlafen gelegt und die Dämmerung spielte Verstecken mit den Wolken.

Ein würdiger Abschluss für einen schönen Abend! Jetzt sagen wir Hejdå zum Winter und genießen Wärme und Licht.

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Ein Kommentar bei „Walpurgisnacht“

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